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Wie sieht die Zukunft der Messe aus?

Interview mit Roland Bleinroth, Geschäftsführer Messe Stuttgart

Roland Bleinroth ist seit 2006 Geschäftsführer der Messe Stuttgart und seit Februar 2020 Sprecher der Geschäftsführung. Er ist für das Gesamtunternehmen, das Messegeschäft und einzelne Geschäftsbereiche verantwortlich. Bleinroth war zuvor unter anderem als Geschäftsführer der Messe Frankfurt, Inc. zehn Jahre für den Geschäftsaufbau einer international erfolgreichen Messegesellschaft in Nordamerika tätig.

TONNO DIGITALE hat von Herrn Bleinroth tolle Insights aus der Messebranche erhalten, welchen Herausforderungen die Messe sich durch die Digitalisierung, die Pandemie und die Anforderungen an die Nachhaltigkeit stellen muss und welche Veränderungen wir in Zukunft erwarten können.

Die Ausrichtung einer Messe verbraucht viele Rohstoffe, die oft nicht wiederverwendet werden. Auch durch globale Reisen und Transporte entsteht eine immense Umweltbelastung. Wo sehen Sie die Messen auf dem Weg in die Nachhaltigkeit und wie positioniert sich die Messe der Zukunft dazu? 

„Messen bieten die einzigartige Möglichkeit, in wenigen Tagen konzentrierte Kundengespräche zu führen und neue Kontakte zu finden. Damit werden unzählige Vertriebsreisen ersetzt, die sonst notwendig gewesen wären. Die Höhe der damit vermiedenen CO2-Emmissionen ist schwer zu kalkulieren, aber auf jeden Fall sehr erheblich.

Als Messe Stuttgart treiben wir das Thema Nachhaltigkeit selbst aktiv voran und arbeiten in Bereichen wie Energie, Klima oder Entsorgung daran, die schonende Nutzung von Ressourcen weiter zu optimieren. So haben wir das Verlegen von Teppichböden in den Gängen schon vor Jahren bis auf Ausnahmefälle grundsätzlich eingestellt. Das schwierige Problem des Recyclings dieser großen Mengen von Teppichböden stellt sich somit gar nicht mehr.

Bereits beim Bau unseres neuen Geländes, das im Jahr 2007 in Betrieb ging, war Umweltschutz und Nachhaltigkeit ein zentrales Thema. So kam die neueste und umweltverträglichste Technik zum Einsatz, wir haben eines der größten gebäudebasierten Solarkraftwerke auf unseren Dächern und haben sogar ein Patent auf unser energieeffizientes Heizungs- und Lüftungssystem bekommen.

Die Messe Stuttgart ist zudem Gründungsmitglied der WIN Charta Wirtschaftsinitiative Nachhaltigkeit (WIN), eine Initiative der Landesregierung Baden-Württemberg. Schon seit 2019 gleichen wir außerdem die Emissionen der Messe Stuttgart als Unternehmen vollständig über international anerkannte Klimaschutzprojekte aus. Die Messe Stuttgart ist also als Unternehmen selber klimaneutral und die Messen an unserem Standort sind so nachhaltig wie möglich aufgestellt.“

Große Exponate dienten Messen in der Vergangenheit als Highlights und Besuchermagneten. Bewerten Sie es im Zuge der Nachhaltigkeit als realistisch, dass auch in Zukunft tonnenschwere Ausstellungsstücke von Messe zu Messe transportiert werden?

„Objektiv festzuhalten ist, dass große, tonnenschwere Exponate eher sehr selten auf Messen gezeigt werden. Dies ergibt sich schon daraus, dass die große Mehrzahl der Messethemen in Stuttgart und in Deutschland nicht im Großanlagen- oder Maschinenbau verortet ist.

Außer Frage steht dennoch, dass wir uns als Branche aufgrund des Klimawandels und der Corona-Pandemie in einem Veränderungsprozess befinden. Zukünftig wird es verstärkt digitale Angebote auf und als Verlängerung von Messen geben.

Auch hybride Präsentationswege nehmen spürbar zu. Damit geht einher, dass nur noch ein Teil an Exponaten vor Ort ausgestellt werden wird. Ergänzende Präsentationen werden vor Ort, im Netz oder in eigenen digitalen Showrooms zur Verfügung gestellt.“

Welche Rolle werden Ihres Erachtens die digitale Messe und hybride Konzepte in Zukunft spielen?

„Die digitale Transformation ist durch die Corona-Pandemie beschleunigt worden und hat dazu geführt, dass auch Elemente von Messen digitaler werden. Unsere Erfahrungen aus den vergangenen zwei Jahren haben jedoch gezeigt, dass sich das Messewesen nicht vollständig digitalisieren lässt. Dennoch gibt es einzelne Themen und Schwerpunkte, die durchaus digital abbildbar sind. So haben wir hier in Stuttgart beispielsweise gute Erfahrungen mit digitalen Formaten in den Bereichen Finanzen oder Bildung gemacht.“

Die größte Herausforderung von digitalen Messekonzepten ist, dass spontane Begegnungen und der persönliche Kontakt verloren gehen. Wie ist diese Art der Begegnung auf den Monitor übertragbar?

„Die Erfahrungen aus mehr als zwei Jahren Corona-Einschränkungen haben deutlich gemacht, dass spontane Begegnungen und der persönliche Kontakt eben nur sehr bedingt auf den Monitor zu übertragen sind. Dazu waren die Erwartungen zu Beginn der Pandemie einmal deutlich höhergesteckt. Der persönliche Kontakt ist ein menschliches Grundbedürfnis, das sich auch aus dem Geschäftsleben nicht verbannen lässt.

Bei unseren bisherigen digitalen Formaten, wie beispielsweise der R+T digital, konnten wir mit Match-Making-Modulen und einer aufwendig betriebenen Chat-Kommunikation verschiedene Kommunikationsmöglichkeiten und somit auch Räume der Begegnung für alle Beteiligten ermöglichen. Trotzdem bekamen wir von allen Teilnehmer/-innen zurückgespiegelt, dass man sich sehnlich die Präsenzformate zurückwünsche.“

Wie will die Messe der Zukunft gewährleisten, dass sie B2B-Austellern weiterhin als wichtiger Leadmagnet dienen kann und als solcher wahrgenommen wird?

„Messen sind Dreh- und Angelpunkt für neue Verbindungen und bieten vielfältige Möglichkeiten für persönliche Gespräche und haptische Erfahrungen mit Produkten. Das stärkt das Vertrauen zwischen allen Beteiligten. Diese Funktion wird auch zukünftig allenfalls rudimentär digital abzubilden sein. Insofern ist eine wichtige Lehre aus den Pandemiejahren, dass sich das etablierte Messemodell keineswegs überholt hat.

Im Dialog mit unseren Ausstellern bekommen wir die Rückmeldung, dass rein digitale Formate bei vielen Unternehmen neben weniger Umsatz unter anderem auch zu einem Rückgang der Geschäftskontakte geführt haben. All das zeigt uns doch, dass rein digitale Events keine Alternative zu Veranstaltungen in unseren Hallen sind.“

Viele Unternehmen haben sich durch das Ausfallen der Messen in den letzten Jahren auf digitale Kanäle fokussiert. Welche Rolle werden Messen Ihrer Meinung nach angesichts einer digitalen Customer Journey in Zukunft einnehmen?

„Der geschäftliche Reiseverkehr wird aus verschiedenen Gründen so bald nicht wieder das Vor-Corona-Niveau erreichen. Die Messeveranstalter sind daher auf jeden Fall gefordert, die bisherige Customer Journey um attraktive digitale Angebot zu erweitern – nicht, um damit die Präsenzmessen zu ersetzen, sondern um die Kunden einzubinden, die eben nicht persönlich teilnehmen können.

Dabei muss sich die digitale Customer Journey nicht wie ein „Notnagel“ anfühlen, sondern genau wie eine Präsenzmesse attraktiv und informativ gestaltet sein. Hierzu gibt es noch große Herausforderungen, die mit viel Personaleinsatz und finanziellen Mitteln weiterentwickelt werden müssen.“

Wie sollen die On- und Offline-Parts der Customer Journey miteinander verwoben werden?

„Beide Bestandteile können und sollen nicht getrennt voneinander auftreten. Die enge Verknüpfung ist wichtig, um der Aufgabe einer Messe als Informationsplattform für eine gegebene Branche gerecht zu werden. Der haptische und der digitale Auftritt sollten aber nicht nur verwoben sein, sondern sich idealerweise ergänzen, sodass beide Präsentationsformen ihre jeweiligen Stärken ausspielen können.

So haben, beispielsweise, digitale Präsentationen für den Zweck der Informationsvermittlung und der Reichweite klare Vorteile. Bei persönlichen Begegnungen, haptischen Produkterfahrungen oder gar Verkostungen punkten dagegen die Präsenzformate. Die intelligente Kombination der beiden Welten schafft eine eng verwobene Customer Journey.“

Welche digitalen Innovationen sind seitens der Messen zu erwarten, um das Geschäft ihrer Kunden zu unterstützen?

„Die Messe Stuttgart hat für ihre verschiedenen Messethemen in den letzten zwei Jahren unterschiedliche digitale Formate, jeweils in Kooperation mit externen Partnern, angeboten. Die Erfahrungen und das Kunden-Feedback, das wir dabei gesammelt haben, fließt nun in die Weiterentwicklung der digitalen Verlängerungen ein.

Um den internen Aufwand zu minimieren und den Kunden eine gleichbleibende Qualität in den digitalen Formaten bieten zu können, setzen wir zunehmend auf eigene Entwicklungen. Die Formate reichen dabei von einfachem Streaming von Vorträgen über Podiumsdiskussionen bis hin zu aufwändigen digitalen Marktplätzen.“

Viele Unternehmen warten nicht mehr auf die großen Leitmessen, um ihre Innovationen auszurollen, sondern machen das in Form eigener, teils virtueller und aufwändig inszenierter Hausmessen selbst. Wie wollen sich Messen in dieser wachsenden Alternativlandschaft positionieren?

„Messen waren von je her auf den Mittelstand als Zielgruppe fokussiert. Für viele dieser Kunden ist „ihre“ jeweilige Messe der primäre Ort, um die Stammkundschaft zu pflegen, aber vor allem auch um Neukunden zu gewinnen. Kontakte entstehen häufig „en passant“ und ungeplant. Hausmessen verfolgen im Gegensatz dazu meist das Ziel, den Kontakt zu Bestandskunden aufrecht zu halten und den Dialog zu fördern.

Deshalb sehen wir Hausmessen nicht als Alternativen zu unseren Fachmessen, sondern eher als Ergänzung. Im Übrigen hat es Hausmessen schon immer gegeben. Man sollte daraus aber nicht den Schluss ziehen, dass sich Unternehmen, die eigene Hausmessen durchführen, zwingend aus ihrer jeweiligen Branchenmesse zurückziehen. Die Erfahrung mit Hausmessen hat gelehrt, dass dies in aller Regel nicht der Fall ist.“

Wie müssen wir uns die Messe der Zukunft in den nächsten zehn Jahren ganz konkret vorstellen?

„Messen werden immer ein Ort des Zusammenkommens und Erlebens bleiben – in Präsenz und zunehmend auch in digitalen Welten. Die Corona-Pandemie hat uns gezeigt, dass der direkte Dialog und der persönliche Kontakt durch keine digitalen Alternativen zu ersetzen ist. Das wird sich auch in Zukunft nicht ändern. Messen sind der Marktplatz, auf dem Menschen andere Menschen treffen wollen.

Dennoch ist klar, dass wir uns in einem Wandel befinden. Die digitale Transformation und der Klimawandel haben einen wesentlichen Einfluss auf unsere Branche. Das bedeutet, dass hybride Modelle verstärkt Teil unserer Veranstaltungen werden. Gleichzeitig wird sich auch der schon vor der Corona-Zeit zu beobachtende Trend zu kontinentalen Leitmessen, statt globalen Events, weiter verstärken.“

 

Die Unternehmenssprecherin der Messe Stuttgart, Stefanie Kromer, wird am 23. Juni beim TAG DER INDUSTRIEKOMMUNIKATION 2022 in Fürstenfeldbruck näher über die Herausforderungen und Chancen der Pandemie für den Messebetrieb berichten. Unter dem Titel „Die Flamme am Brennen halten: Wie die Messe Stuttgart trotz Zwangspause sich nicht darauf beschränkt, die Asche anzubeten, sondern das Feuer weitergibt“ erwarten die Teilnehmer exklusive Insights in die Messebranche.

Bereits zum zehnten Mal wirft der TAG DER INDUSTRIEKOMMUNIKATION (TIK) als Leuchtturmveranstaltung der Branche einen Blick in die Kristallkugel des B2B-Marketings der Zukunft.

Sichern Sie sich jetzt noch letzte Tickets für die B2B-Zukunftskonferenz oder buchen Sie sich den Online-Pass für die digitale Plattform im Nachgang! Näheres zum Branchenevent erfahren Sie hier! (https://bvik.org/tik-2022/?utm_source=Tonno&utm_medium=newsletter&utm_campaign=TIK-2022)

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TONNO DIGITALE hat von Herrn Bleinroth tolle Insights aus der Messebranche erhalten, welchen Herausforderungen die Messe sich durch die Digitalisierung, die Pandemie und die Anforderungen an die Nachhaltigkeit stellen muss und welche Veränderungen wir in Zukunft erwarten können.

Die Ausrichtung einer Messe verbraucht viele Rohstoffe, die oft nicht wiederverwendet werden. Auch durch globale Reisen und Transporte entsteht eine immense Umweltbelastung. Wo sehen Sie die Messen auf dem Weg in die Nachhaltigkeit und wie positioniert sich die Messe der Zukunft dazu? 

„Messen bieten die einzigartige Möglichkeit, in wenigen Tagen konzentrierte Kundengespräche zu führen und neue Kontakte zu finden. Damit werden unzählige Vertriebsreisen ersetzt, die sonst notwendig gewesen wären. Die Höhe der damit vermiedenen CO2-Emmissionen ist schwer zu kalkulieren, aber auf jeden Fall sehr erheblich.

Als Messe Stuttgart treiben wir das Thema Nachhaltigkeit selbst aktiv voran und arbeiten in Bereichen wie Energie, Klima oder Entsorgung daran, die schonende Nutzung von Ressourcen weiter zu optimieren. So haben wir das Verlegen von Teppichböden in den Gängen schon vor Jahren bis auf Ausnahmefälle grundsätzlich eingestellt. Das schwierige Problem des Recyclings dieser großen Mengen von Teppichböden stellt sich somit gar nicht mehr.

Bereits beim Bau unseres neuen Geländes, das im Jahr 2007 in Betrieb ging, war Umweltschutz und Nachhaltigkeit ein zentrales Thema. So kam die neueste und umweltverträglichste Technik zum Einsatz, wir haben eines der größten gebäudebasierten Solarkraftwerke auf unseren Dächern und haben sogar ein Patent auf unser energieeffizientes Heizungs- und Lüftungssystem bekommen.

Die Messe Stuttgart ist zudem Gründungsmitglied der WIN Charta Wirtschaftsinitiative Nachhaltigkeit (WIN), eine Initiative der Landesregierung Baden-Württemberg. Schon seit 2019 gleichen wir außerdem die Emissionen der Messe Stuttgart als Unternehmen vollständig über international anerkannte Klimaschutzprojekte aus. Die Messe Stuttgart ist also als Unternehmen selber klimaneutral und die Messen an unserem Standort sind so nachhaltig wie möglich aufgestellt.“

Große Exponate dienten Messen in der Vergangenheit als Highlights und Besuchermagneten. Bewerten Sie es im Zuge der Nachhaltigkeit als realistisch, dass auch in Zukunft tonnenschwere Ausstellungsstücke von Messe zu Messe transportiert werden?

„Objektiv festzuhalten ist, dass große, tonnenschwere Exponate eher sehr selten auf Messen gezeigt werden. Dies ergibt sich schon daraus, dass die große Mehrzahl der Messethemen in Stuttgart und in Deutschland nicht im Großanlagen- oder Maschinenbau verortet ist.

Außer Frage steht dennoch, dass wir uns als Branche aufgrund des Klimawandels und der Corona-Pandemie in einem Veränderungsprozess befinden. Zukünftig wird es verstärkt digitale Angebote auf und als Verlängerung von Messen geben.

Auch hybride Präsentationswege nehmen spürbar zu. Damit geht einher, dass nur noch ein Teil an Exponaten vor Ort ausgestellt werden wird. Ergänzende Präsentationen werden vor Ort, im Netz oder in eigenen digitalen Showrooms zur Verfügung gestellt.“

Welche Rolle werden Ihres Erachtens die digitale Messe und hybride Konzepte in Zukunft spielen?

„Die digitale Transformation ist durch die Corona-Pandemie beschleunigt worden und hat dazu geführt, dass auch Elemente von Messen digitaler werden. Unsere Erfahrungen aus den vergangenen zwei Jahren haben jedoch gezeigt, dass sich das Messewesen nicht vollständig digitalisieren lässt. Dennoch gibt es einzelne Themen und Schwerpunkte, die durchaus digital abbildbar sind. So haben wir hier in Stuttgart beispielsweise gute Erfahrungen mit digitalen Formaten in den Bereichen Finanzen oder Bildung gemacht.“

Die größte Herausforderung von digitalen Messekonzepten ist, dass spontane Begegnungen und der persönliche Kontakt verloren gehen. Wie ist diese Art der Begegnung auf den Monitor übertragbar?

„Die Erfahrungen aus mehr als zwei Jahren Corona-Einschränkungen haben deutlich gemacht, dass spontane Begegnungen und der persönliche Kontakt eben nur sehr bedingt auf den Monitor zu übertragen sind. Dazu waren die Erwartungen zu Beginn der Pandemie einmal deutlich höhergesteckt. Der persönliche Kontakt ist ein menschliches Grundbedürfnis, das sich auch aus dem Geschäftsleben nicht verbannen lässt.

Bei unseren bisherigen digitalen Formaten, wie beispielsweise der R+T digital, konnten wir mit Match-Making-Modulen und einer aufwendig betriebenen Chat-Kommunikation verschiedene Kommunikationsmöglichkeiten und somit auch Räume der Begegnung für alle Beteiligten ermöglichen. Trotzdem bekamen wir von allen Teilnehmer/-innen zurückgespiegelt, dass man sich sehnlich die Präsenzformate zurückwünsche.“

Wie will die Messe der Zukunft gewährleisten, dass sie B2B-Austellern weiterhin als wichtiger Leadmagnet dienen kann und als solcher wahrgenommen wird?

„Messen sind Dreh- und Angelpunkt für neue Verbindungen und bieten vielfältige Möglichkeiten für persönliche Gespräche und haptische Erfahrungen mit Produkten. Das stärkt das Vertrauen zwischen allen Beteiligten. Diese Funktion wird auch zukünftig allenfalls rudimentär digital abzubilden sein. Insofern ist eine wichtige Lehre aus den Pandemiejahren, dass sich das etablierte Messemodell keineswegs überholt hat.

Im Dialog mit unseren Ausstellern bekommen wir die Rückmeldung, dass rein digitale Formate bei vielen Unternehmen neben weniger Umsatz unter anderem auch zu einem Rückgang der Geschäftskontakte geführt haben. All das zeigt uns doch, dass rein digitale Events keine Alternative zu Veranstaltungen in unseren Hallen sind.“

Viele Unternehmen haben sich durch das Ausfallen der Messen in den letzten Jahren auf digitale Kanäle fokussiert. Welche Rolle werden Messen Ihrer Meinung nach angesichts einer digitalen Customer Journey in Zukunft einnehmen?

„Der geschäftliche Reiseverkehr wird aus verschiedenen Gründen so bald nicht wieder das Vor-Corona-Niveau erreichen. Die Messeveranstalter sind daher auf jeden Fall gefordert, die bisherige Customer Journey um attraktive digitale Angebot zu erweitern – nicht, um damit die Präsenzmessen zu ersetzen, sondern um die Kunden einzubinden, die eben nicht persönlich teilnehmen können.

Dabei muss sich die digitale Customer Journey nicht wie ein „Notnagel“ anfühlen, sondern genau wie eine Präsenzmesse attraktiv und informativ gestaltet sein. Hierzu gibt es noch große Herausforderungen, die mit viel Personaleinsatz und finanziellen Mitteln weiterentwickelt werden müssen.“

Wie sollen die On- und Offline-Parts der Customer Journey miteinander verwoben werden?

„Beide Bestandteile können und sollen nicht getrennt voneinander auftreten. Die enge Verknüpfung ist wichtig, um der Aufgabe einer Messe als Informationsplattform für eine gegebene Branche gerecht zu werden. Der haptische und der digitale Auftritt sollten aber nicht nur verwoben sein, sondern sich idealerweise ergänzen, sodass beide Präsentationsformen ihre jeweiligen Stärken ausspielen können.

So haben, beispielsweise, digitale Präsentationen für den Zweck der Informationsvermittlung und der Reichweite klare Vorteile. Bei persönlichen Begegnungen, haptischen Produkterfahrungen oder gar Verkostungen punkten dagegen die Präsenzformate. Die intelligente Kombination der beiden Welten schafft eine eng verwobene Customer Journey.“

Welche digitalen Innovationen sind seitens der Messen zu erwarten, um das Geschäft ihrer Kunden zu unterstützen?

„Die Messe Stuttgart hat für ihre verschiedenen Messethemen in den letzten zwei Jahren unterschiedliche digitale Formate, jeweils in Kooperation mit externen Partnern, angeboten. Die Erfahrungen und das Kunden-Feedback, das wir dabei gesammelt haben, fließt nun in die Weiterentwicklung der digitalen Verlängerungen ein.

Um den internen Aufwand zu minimieren und den Kunden eine gleichbleibende Qualität in den digitalen Formaten bieten zu können, setzen wir zunehmend auf eigene Entwicklungen. Die Formate reichen dabei von einfachem Streaming von Vorträgen über Podiumsdiskussionen bis hin zu aufwändigen digitalen Marktplätzen.“

Viele Unternehmen warten nicht mehr auf die großen Leitmessen, um ihre Innovationen auszurollen, sondern machen das in Form eigener, teils virtueller und aufwändig inszenierter Hausmessen selbst. Wie wollen sich Messen in dieser wachsenden Alternativlandschaft positionieren?

„Messen waren von je her auf den Mittelstand als Zielgruppe fokussiert. Für viele dieser Kunden ist „ihre“ jeweilige Messe der primäre Ort, um die Stammkundschaft zu pflegen, aber vor allem auch um Neukunden zu gewinnen. Kontakte entstehen häufig „en passant“ und ungeplant. Hausmessen verfolgen im Gegensatz dazu meist das Ziel, den Kontakt zu Bestandskunden aufrecht zu halten und den Dialog zu fördern.

Deshalb sehen wir Hausmessen nicht als Alternativen zu unseren Fachmessen, sondern eher als Ergänzung. Im Übrigen hat es Hausmessen schon immer gegeben. Man sollte daraus aber nicht den Schluss ziehen, dass sich Unternehmen, die eigene Hausmessen durchführen, zwingend aus ihrer jeweiligen Branchenmesse zurückziehen. Die Erfahrung mit Hausmessen hat gelehrt, dass dies in aller Regel nicht der Fall ist.“

Wie müssen wir uns die Messe der Zukunft in den nächsten zehn Jahren ganz konkret vorstellen?

„Messen werden immer ein Ort des Zusammenkommens und Erlebens bleiben – in Präsenz und zunehmend auch in digitalen Welten. Die Corona-Pandemie hat uns gezeigt, dass der direkte Dialog und der persönliche Kontakt durch keine digitalen Alternativen zu ersetzen ist. Das wird sich auch in Zukunft nicht ändern. Messen sind der Marktplatz, auf dem Menschen andere Menschen treffen wollen.

Dennoch ist klar, dass wir uns in einem Wandel befinden. Die digitale Transformation und der Klimawandel haben einen wesentlichen Einfluss auf unsere Branche. Das bedeutet, dass hybride Modelle verstärkt Teil unserer Veranstaltungen werden. Gleichzeitig wird sich auch der schon vor der Corona-Zeit zu beobachtende Trend zu kontinentalen Leitmessen, statt globalen Events, weiter verstärken.“

 

Die Unternehmenssprecherin der Messe Stuttgart, Stefanie Kromer, wird am 23. Juni beim TAG DER INDUSTRIEKOMMUNIKATION 2022 in Fürstenfeldbruck näher über die Herausforderungen und Chancen der Pandemie für den Messebetrieb berichten. Unter dem Titel „Die Flamme am Brennen halten: Wie die Messe Stuttgart trotz Zwangspause sich nicht darauf beschränkt, die Asche anzubeten, sondern das Feuer weitergibt“ erwarten die Teilnehmer exklusive Insights in die Messebranche.

Bereits zum zehnten Mal wirft der TAG DER INDUSTRIEKOMMUNIKATION (TIK) als Leuchtturmveranstaltung der Branche einen Blick in die Kristallkugel des B2B-Marketings der Zukunft.

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